Seiten

Samstag, 20. Oktober 2012

„Nele, in deinem Blog liegt schon Staub!“


Dieses Zitat trifft es ganz gut. Ich war bisher so beschäftigt damit, Argentinien und die Argentinier zu entdecken, zu arbeiten, Baradero zu erkunden, Spanisch zu sprechen, Mate zu trinken, Dulce de Leche, Alfajores und Asado zu essen, und und und, dass ich mich immer noch nicht meinem Blog gewidmet habe.
Aber ich werde jetzt mal versuchen, ein wenig digital Staub zu wischen.
Ich bin jetzt schon über zwei Monate in Argentinien und bald auch schon zwei Monate in meinem Projekt und meiner Wohnung in Baradero.
Es mag sich sehr nach einer Phrase anhören, aber ich muss trotzdem sagen:
Es geht mir gut und ich fühle mich hier wohl!
Natürlich trifft das nicht immer und auf alles zu, aber generell stimmt es.

Baradero gefällt mir und hat durchaus seinen Charme, auch wenn es sich wahrscheinlich nicht viel von anderen argentinischen Städten in der Größenordnung unterscheidet.
Es ist eine kleine, eher ländliche Stadt, in der es alles gibt was man braucht, aber auch nicht viel mehr. Es gibt einen Fluss, an dem die meisten Argentinier in ihrer Freizeit angeln gehen, ein Stadtzentrum mit Läden, Cafés und ganz vielen Eisdielen, einen Platz, die Plaza Principal, auf der Märkte stattfinden und auf dem man auch einfach rum sitzen kann und ein paar jährlich stattfindende Feste.
Mein Projekt ist der Hogar German Frers, der früher ein Kinderheim war und heute ein Tageszentrum (Centro de Dia) für Kinder und Jugendliche ist und ein bisschen außerhalb der Stadt liegt. Dazu gehört ein sehr schönes und weitläufiges Gelände mit Herberge, Pool, Basketball- und Fußballplatz, landwirtschaftliche Anbauflächen, Tieren, einem Wäldchen und einer Kirche.
Das Hostel und davor die Kinder, am "Dia de la Primavera"
Wohn- und Esszimmer
In der oben genannten Herberge befindet sich die Freiwilligen-Wohnung, ein Apartment mit zwei Schlafzimmern, einem Bad und einem Ess-/Wohnzimmer mit Küche, Kühlschrank und Fernseher. Momentan wohnen wir hier zu dritt, Mara und ich, die ein Jahr lang bleiben und Vera, mit der ich mir auch ein Zimmer teile, die im September gekommen ist und bis Ende des Jahres bleibt.
Gruppenfoto mit einigen den Kinder
Wir arbeiten Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr. Am Vormittag helfen wir meistens in der Küche mit, putzen das Hostel oder waschen, trocknen und bügeln Laken. Ab 12 Uhr kommen dann die ersten Kinder (im Alter von 8-14 Jahren) aus der Schule direkt ins Centro de Dia und spielen und quatschen erstmal. Um 13 Uhr gibt es dann ein eigentlich immer leckeres und meist vielfältiges Mittagessen. Es werden jeden Tag zwei Kinder zum Küchendienst eingeteilt, die dann den Tisch decken und danach den Essraum aufräumen und sauber machen. Nach dem Mittagessen werden die Zähne geputzt und anschließend gibt es ein Nachmittagsprogramm, das je nach Wochentag und Wetter variiert. An drei Tagen in der Woche gibt es Apoyo Escolar, das ist Hausaufgaben- und Nachhilfe und an einigen Tagen gibt es Taller, was so viel wie Workshop bedeutet, dort wird dann gebastelt oder gewerkelt. An anderen Tagen haben die Kinder Sport oder lernen in der Huerta (dem Gemüsebeet, einem der Teil der landwirtschaftlichen Anbauflächen) etwas über Pflanzen und deren Anbau. Es gibt auch eine „Abuela de los Cuentos“, die kommt um den Kindern Geschichten vorzulesen und Chuchi, eine sehr, sehr liebenswerte, ältere Dame, die den Kindern weben und stricken beibringt. Die Gestaltung der freien Zeit hängt ganz vom Wetter ab, bei schönem Wetter spielen die Kinder meistens draußen, entweder frei oder auf dem Fußball- oder Basketballplatz. Bei schlechtem Wetter werden drinnen Spiele gespielt oder es wird einfach nur Mate getrunken und gequatscht, manchmal wird auch ein Film geschaut. Um 17 Uhr gibt es immer eine Merienda, bei der alle zusammen kommen, Tee oder Saft trinken und Kekse oder Gebäckteile essen. Im Centro de Dia wird die Merienda auch genutzt um über den Tag zu sprechen. Hierbei wird jedes Kind dazu aufgefordert sein eigenes Verhalten über den Tag hinweg zu reflektieren und es in Form von Farben zu bewerten. Grün ist ein gutes, Gelb ein mittelmäßiges und Rot ein schlechtes Verhalten. Bei einem Rot und Gelb wird darüber gesprochen, wie sich das Kind verhalten hat, was falsch daran war und wie es besser wäre. Nach einem bestimmten Zeitraum werden die Farben in Punkte umgerechnet und je nach erreichter Punktzahl bekommen die Kinder kleine Geschenke und Belohnungen. Um 17:30 Uhr gehen die Kinder nach Hause, einige werden abgeholt, andere werden von den Erziehern über die Landstraße gebracht und gehen dann alleine nach Hause. Wir, die Freiwilligen, waschen das Geschirr von der Merienda ab und haben dann um 18 Uhr Feierabend.
Ausflug nach Zarate und zur Puente über den Rio Parana
Nach der Arbeit wird die Wohnung geputzt, gewaschen und eingekauft und an zwei Tagen in der Woche gehen wir zum Sport ins nahe liegende Gemeindezentrum. An den Wochenenden sind wir meistens auch sehr aktiv, es gibt öfters Freizeiten oder andere Aktivitäten im Hostel, bei denen wir dann mithelfen. Ansonsten erkunden wir Baradero und machen Ausflüge im Umland, fahren nach Buenos Aires, um die dort lebenden Freiwilligen zu besuchen oder machen etwas mit einem unserer Kollegen. Ich habe außerdem zwei sehr nette und lustige Mädchen aus Baradero, Flor und Yami, kennen gelernt, mit denen ich mich ab und zu treffe, quatsche, etwas Leckeres esse und sehr viel lache.
Ich hoffe, dass ich euch hiermit erstmal einen ungefähren Eindruck von meinem Leben hier vermitteln konnte. In nächster Zeit werde ich versuchen, alles noch ein wenig genauer zu beschreiben, ein bisschen über Argentinien, die Argentinier und alles was dazu gehört zu erzählen und euch auf dem Laufenden zu halten.
Macht´s gut und hasta pronto,
besos y saludos de Nele